Zungenschrittmacher bei Schlafapnoe

Millionen Deutsche leiden nachts unter Atemaussetzern (Schlafapnoe), die ihnen den Schlaf rauben. Auch am „Tag des Schlafes“, dem 21. Juni, werden diese Menschen aufgrund ihres gestörten Nachtschlafes erschöpft und müde sein. Am Universitätsklinikum Regensburg (UKR) ermöglichen Mediziner nun mit dem innovativen Zungenschrittmacher solchen Schlafapnoe-Patienten wieder einen erholsamen Nachtschlaf.

Klaus Schuberth ist seit Jahren unbewusst viele Male pro Nacht wach. Im Schlaf erschlafft seine Schlundmuskulatur, die Zunge fällt zurück und blockiert den Atemweg – er bekommt keine Luft mehr. Alarmiert von der Sauerstoffunterversorgung schlägt sein Herz schneller, der Blutdruck steigt, die Atemmuskeln im Brustkorb werden aktiviert. Mit Erfolg: Sein Körper reißt Klaus Schuberth aus dem Schlaf.

Er holt Luft und wird vorm Ersticken bewahrt. In der Regel bemerkt Klaus Schuberth diesen Reflex nicht. Doch diese häufigen Weckreaktionen jede Nacht machen den darauffolgenden Tag zur Qual: „Ich war Geschäftsmann, habe zahlreiche Mitarbeiter und hohe Umsätze verantwortet. Aufgrund meiner Tagesmüdigkeit wurde ich zu unkonzentriert, um den Anforderungen an meine Position weiter gerecht zu werden.

Mir blieb nichts anderes übrig, als zurückzutreten“, schildert der Unternehmer aus dem Landkreis Regensburg die Folgen, die die nächtlichen Atemaussetzer für sein Leben und seine Karriere hatten.

Schlafapnoe führt bis zur Berufsunfähigkeit

„Aktuelle Studien gehen davon aus, dass über zwölf Millionen Deutsche unter Schlafapnoe leiden, und die Dunkelziffer ist hoch. Immer wieder wird der Tiefschlaf gestört. Die Auswirkungen für die Betroffenen reichen von Tagesmüdigkeit bis hin zu Bluthochdruck, der wiederum einen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen darstellt“, informiert Dr. René Fischer, der in der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde des UKR die Schlafmedizinische Sprechstunde leitet und gemeinsam mit Oberärztin PD Dr. Veronika Vielsmeier ein neuartiges Therapieverfahren für Schlafapnoe-Patienten anbietet.

„Bei Herrn Schuberth wurde im Rahmen einer Untersuchung im Schlaflabor eine schwergradige obstruktive Schlafapnoe diagnostiziert. Das Tragen einer nächtlichen Atemmaske ist in einem solchen Fall die Standardtherapie. Dabei werden die Atemwege mittels Überdruck offengehalten. Doch die Maske hat den Schlaf von Herrn Schuberth erheblich gestört.

Für ihn kam aus diesem Grund nur eine Operation in Frage“, erinnert sich Dr. Fischer. Klaus Schuberth hatte die Wahl zwischen einer aufwändigen Kiefer-OP, bei der der Kieferknochen durchtrennt und nach vorn verlagert wird, und der Implantation eines sogenannten Zungenschrittmachers. Er entschied sich für letzteres. „Der Zungenschrittmacher besteht aus mehreren Einzelkomponenten. Der Pulsgenerator, der unterhalb des Schlüsselbeins eingebracht wird, gibt über eine Stimulationselektrode einen Impuls an den Zungennerv ab.

Im Röntgenbild farblich hervorgehoben sind die Komponenten des implantierten Zungenschrittmacher: Die Elektrode am Zungennerv, der Pulsgenerator unterhalb des Schlüsselbeins und der Drucksensor am Brustkorb.
©UKR/Lars Grotzke

Ein Drucksensor misst die Atmung im Schlaf und übermittelt dem Pulsgenerator den Zeitpunkt der Einatmung. In diesem Moment löst die Elektrode am Zungennerv ein schonendes Zusammenziehen der Zungenmuskulatur aus“, berichtet PD Dr. Vielsmeier. Dank dieses neuen High-Tech-Behandlungsverfahrens bleiben die Atemwege nachts frei und der Schlaf ist ungestört.

„Der erste Patient, den wir vor wenigen Monaten mit dieser Technologie versorgt hatten, kann nun endlich wieder seiner Arbeit als Berufskraftfahrer nachgehen. Er hatte vor der Therapie im Schlaf rund 45 Atemaussetzer pro Stunde. Das erhöht die Gefahr des Sekundenschlafes am Steuer deutlich und geht mit einem hohen Unfallrisiko einher.

Seine nächtlichen Wachphasen liegen nun im unbedenklichen, normalen Bereich und der Patient ist sehr zufrieden“, freut sich Dr. Fischer über den Erfolg mit der noch jungen Technologie.

Dr. René Fischer, Leiter der Schlafmedizinischen Sprechstunde der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde des UKR, bei der Nachsorge eines Patienten mit Schlafapnoe und Zungenschrittmacher.
©UKR/Franziska Holten

Volles Therapiespektrum für Schlafapnoe-Patienten am UKR

Der Schweregrad und die Art einer Schlafapnoe werden am Universitätsklinikum Regensburg im Schlaflabor der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II (Leiter: Professor Dr. Michael Arzt) diagnostiziert. Für die Schlafapnoe gibt es bereits viele etablierte Therapien: Bei einer leichten Form der Erkrankung, deren Ursache das Schlafen auf dem Rücken ist, kann eine Lagetherapie helfen.

Auch eine Ernährungsumstellung oder eine kieferorthopädische Behandlung führen bei vielen Patienten zur Linderung der Beschwerden. Bei mittel- bis schwergradiger Schlafapnoe ist die Positivdrucktherapie über eine Atemmaske die Standardtherapie. Sie hält mittels eines erzeugten Überdrucks die oberen Atemwege in der Nacht offen. Die Atemmaske wird aber nicht von jedem Patienten vertragen.

In diesem Fall stellt der Zungenschrittmacher eine gute und mögliche Alternative dar. Die sogenannte Hypoglossusstimulation ist das neueste Therapieverfahren für Patienten mit Obstruktiver Schlafapnoe. Derzeit sind zwei verschiedene Systeme erhältlich. „Wir können beide Systeme anbieten und haben damit die Möglichkeit, für jeden Patienten systemunabhängig die individuell beste Lösung zu finden“, stellt Dr. Fischer heraus.

Im Rahmen der von ihm geleiteten Schlafmedizinischen Sprechstunde (Terminvereinbarung unter 0941 944-9442) in der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde des UKR prüft Dr. Fischer in enger Kooperation mit Kieferorthopäden und Schlafmedizinern des UKR, wie er Patienten mit Schlafapnoe am besten helfen kann, wieder durchzuschlafen.

Klaus Schuberth hat die Implantation gut überstanden. In wenigen Tagen wird der Schrittmacher erstmals aktiviert, um in Kürze nachts bei jedem Einatmen die Zunge ein Stück nach vorn zu bewegen und endlich wieder erholsamen Schlaf zu ermöglichen.


Spitze in der Medizin. Menschlich in der Begegnung.

Das Universitätsklinikum Regensburg (UKR) versorgt als jüngstes Universitätsklinikum Deutschlands jährlich etwa 35.000 Patienten stationär sowie ca. 142.000 ambulant. Hierfür hält das UKR 839 Betten und 52 tagesklinische Behandlungsplätze bereit (von insgesamt 1.087 universitär betriebenen Betten der Fakultät für Medizin der Universität Regensburg). In 28 human- und zahnmedizinischen Kliniken, Polikliniken, Instituten und Abteilungen beschäftigt das Universitätsklinikum Regensburg mehr als 4.600 Mitarbeiter.

Ausgerichtet ist das Universitätsklinikum Regensburg auf Hochleistungsmedizin, insbesondere in den Gebieten der Transplantations- und Intensivmedizin sowie onkologischer und kardiovaskulärer Erkrankungen. Bei der durchschnittlichen Fallschwere („Case-Mix-Index“) liegt das UKR an der Spitze der deutschen Universitätsklinika. Neben der Patientenversorgung der höchsten Versorgungsstufe ist das UKR gemeinsam mit der Fakultät für Medizin der Universität Regensburg für die Ausbildung von rund 2.000 Studierenden (Human- und Zahnmedizin) sowie für die medizinische Forschung verantwortlich. Gemeinsames Ziel aller Mitarbeiter sind die optimale medizinische und pflegerische Versorgung der Patienten sowie ein wertschätzendes Miteinander im Team.

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