Neurologische Akupunkturwirkungen
Neurologische Akupunkturwirkungen und die Stimulation der Nervenregeneration durch Akupunktur ist bislang noch nicht in regulären Doppelblindstudien untersucht worden. In China gibt es Kasuistiken mit über 100 000 Fällen von Facialisparese, die unter Akupunkturbehandlung eine Remissionsrate von 92 % zeigten.
Nun liegt bei dieser Erkrankung die Quote der Spontanremissionen bei etwa 80%, so dass ohne eine Placebo-Kontrollgruppe keine klare Aussage zu machen ist.
R. Cheng (1981, persönliche Mitteilung) hat 1500 Fallbeschreibungen zusammengestellt von Patienten mit (partieller) retinaler Blindheit, deren Sehvermögen durch Akupunktur wiederhergestellt werden konnte, jedoch gab es auch hier keine Kontrollen (allerdings ist bei dieser Erkrankung die Spontanremission nicht von wesentlicher Bedeutung für die Bewertung des Ergebnisses).
Kontrollierte Studie zu Akupunkturwirkungen
Wen führt zur Zeit eine kontrollierte Studie mit (partiell) blinden Patienten durch, und die ersten Resultate sprechen dafür, dass bei der Akupunkturgruppe eine wesentliche Verbesserung des Sehvermögens erreicht wird, wogegen sich bei der Placebogruppe keine Verbesserung abzeichnet (H. L. Wen 1986, persönliche Mitteilung).
Allerdings wird hier nur der Anspruch erhoben, dass die Therapie das Sehvermögen partiell blinder Patienten zu verbessern vermag, wogegen die gänzlich blinden nicht von der Therapie profitieren. Eigene Laborexperimente zeigten, dass EA bei Ratten, deren Nervus ischiadicus verletzt worden war, zu einer deutlich gesteigerten Regeneration motorischer und sensorischer Nerven führte [118, 145, 154] (siehe dazu auch Abschn. 1.5).
Fünf kontrollierte klinische Studien wurden durchgeführt um die Akupunkturwirkungen von Lähmungen infolge von Schlaganfall zu ermitteln [79 d, 82 d, 126 a, 126 b, 164 a]. In diesen Studien wurde die Akupunktur kombiniert mit physikalischer Therapie, und sie wurde zu verschiedenen Zeitpunkten von 36 Stunden bis zu 3 Monaten nach dem zerebrovaskulären Ereignis begonnen.
In einer dieser Studien [82 d] wurde ausgerechnet, dass die Reduktion der Krankenhaustage eine Einsparung von 26 000 US-Dollar pro Akupunkturpatient ausmachte.
In einer Studie, in der CT-Untersuchungen eingesetzt wurden, um den Ort der Läsion zu bestimmen [126 b], erwies sich die Akupunktur nur bei solchen Patienten als wirksam, bei denen weniger als die Hälfte des motorischen Nervenstrangs beschädigt war, was dafür sprechen würde, dass die Plastizität der verbleibenden Hälfte verantwortlich für die Erholung war. Wenn auch 5 Studien nicht ausreichend sind, um solide Schlußfolgerungen zu ziehen, so mag doch der Hinweis interessant sein, dass in fernöstlichen Ländern Akupunktur bei Schlaganfallpatienten sehr häufig angewendet wird.
In China sind viele Krankenhausstationen belegt mit Patienten, die Akupunktur erhalten gegen die Schlaganfallresidualzustände. In Seoul, Korea, führt ein modernes Regierungskrankenhaus, das auf Akupunktur spezialisiert ist, seit 20 Jahren Statistiken, die zeigen, dass in dieser Zeit 80 % der Betten mit Schlaganfallpatienten belegt waren. Weitere kontrollierte Studien sind also dringend erforderlich, um diese vielversprechende Indikation für Akupunktur zu untersuchen.
Autor: Prof. Bruce Pomeranz
University of Toronto
25, Harbord Street
Toronto, Canada
Aus: Stux, Stiller, Pomeranz (1999)
Akupunktur – Lehrbuch und Atlas, Kapitel 2, 5. Auflage, Springer Verlag, Berlin Heidelberg New York
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