Neuer Ansatz in der Krebsimmuntherapie
Unter Federführung des Universitätsklinikums Regensburg (UKR) startet die erste klinische Studie in Deutschland zu einem neuen Ansatz in der Krebsimmuntherapie. Bei bestimmten Leukämie- und Lymphomerkrankungen kann die neue T-Zell-Rezeptor-Therapie der Medigene AG das Immunsystem des Patienten im Kampf gegen den Krebs entscheidend unterstützen, so die Hoffnung der Wissenschaftler.
Für Leukämie- und Lymphompatienten ist die allogene Stammzelltransplantation, bei der der Patient durch Stammzellen eines Spenders ein neues Immunsystem erhält, Segen und Fluch zugleich. Zwar ist eine Stammzelltransplantation oft die einzige Heilungsmöglichkeit, gleichzeitig ist sie aber mit dem Risiko lebensbedrohlicher Nebenwirkungen verbunden.
Doch es gibt neue alternative Ansätze im Kampf gegen den Blutkrebs: Ärzte und Wissenschaftler der Universitätsklinika Regensburg, Erlangen und Würzburg untersuchen aktuell unter Federführung des UKR in der bundesweit ersten klinischen Studie der Medigene AG, ob bestimmte weiße Blutkörperchen (T-Zellen) von Leukämie- oder Lymphompatienten so modifiziert werden können, dass sie Krebszellen zerstören.
„Bei der T-Zell-Rezeptor-Therapie wird das eigene Immunsystem des Patienten scharf gegen Krebszellen gemacht. Wir gehen davon aus, dass diese Therapie für die Patienten schonender und risikoärmer sein könnte als eine allogene Stammzelltransplantation“, fasst PD Dr. Simone Thomas, Leiterin der klinischen Prüfung „CD-TCR-001“ und Oberärztin der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III des UKR, das Forschungsziel der neuen Krebsimmuntherapie zusammen.
© UKR/Klaus Völcker
Krebsimmuntherapie – Neuer T-Zell-Rezeptor identifiziert Krebszellen, um sie zu zerstören
T-Zellen spielen im Kampf gegen die Leukämie eine entscheidende Rolle. Sie können Krebszellen abtöten, wenn ihre Rezeptoren (sog. T-Zell-Rezeptoren) ganz bestimmte Eiweißstrukturen (Antigene) auf den Krebszellen erkennen. Im Körper des Patienten gibt es allerdings keine oder nur wenige T-Zellen mit diesen speziellen Rezeptoren. „Wir statten daher in der CD-TCR-001-Studie die T-Zellen des Patienten mit einem ganz bestimmten TZell-Rezeptor aus.
Mit dessen Hilfe können die T-Zellen Krebszellen identifizieren und zerstören, die das eigene Immunsystem sonst nicht erkannt hätte. Es handelt sich dabei um die erste kontrollierte klinische Studie mit einem T-Zell-Rezeptor in Deutschland“, ordnet Professor Dr. Wolfgang Herr, Direktor der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III des UKR, die hohe Relevanz der Studie ein. Bislang sind die Chemotherapie und die Stammzelltransplantation die wichtigsten Behandlungsformen in der Leukämietherapie.
Krebsimmuntherapie – Neue Therapie könnte schonender für den Patienten sein
Zur Durchführung der T-Zell-Rezeptor-Therapie isolieren die Ärzte und Wissenschaftler aus dem Blut der Leukämie- und Lymphompatienten weiße Blutkörperchen, sogenannte TZellen. Diese T-Zellen werden in einem Zellkulturverfahren mit einem T-Zell-Rezeptor ausgestattet, der das Antigen „PRAME“ auf den Krebszellen erkennt. Entwickelt wurde diese neue Therapie durch das Biotechnologie-Unternehmen Medigene.
Die Patienten erhalten die modifizierten T-Zellen dann als Bluttransfusion zurück. „Diese T-Zellen sollen ausschließlich Krebszellen mit dem Antigen PRAME zerstören. Gesundes Gewebe sollte nicht angegriffen werden“, erklärt PD Dr. Simone Thomas, die das Studienprotokoll wesentlich mitentwickelt hat. Diese „Krebs-Spezifität“ stellt einen entscheidenden Vorteil gegenüber der allogenen Stammzelltransplantation dar.
Denn dabei wird die eigentlich gewünschte Reaktion, dass sich die T-Zellen des Spenders gegen die verbliebenen Krebszellen richten, häufig von einer unerwünschten und mitunter lebensbedrohlichen Reaktion des Immunsystems begleitet, bei der sich T-Zellen des Spenders auch gegen gesunde Gewebezellen des Empfängers richten.
Studie gliedert sich in zwei Phasen
In der aktuell startenden Phase I der klinischen Studie zur T-Zell-Rezeptor-Therapie überprüfen die Wissenschaftler die neue Therapie (MDG1011) bei bis zu zwölf Patienten auf Sicherheit, Durchführbarkeit und erste Hinweise der Wirksamkeit. Sind die Ergebnisse des Phase-I-Teils positiv, werden 40 weitere Patienten mit dem T-Zell-Präparat MDG1011 behandelt. In dieser zweiten Phase der Studie ermitteln die Wissenschaftler vor allem die Wirksamkeit der Therapie.
Behandelt werden können Patienten mit akuter myeloischer Leukämie (AML), Myelodysplastischem Syndrom (MDS) oder Multiplem Myelom (MM), bei denen eine Chemotherapie nicht mehr wirksam ist oder die einen Rückfall ihrer Erkrankung erlitten haben. Finanziert und beauftragt wird die Studie vom deutschen Biotechnologie-Unternehmen Medigene AG mit Sitz in Martinsried. Die zur Durchführung der Studie notwendigen Genehmigungen vom Paul-Ehrlich-Institut und der zuständigen Ethikkommissionen wurden bereits erteilt.
Spitze in der Medizin. Menschlich in der Begegnung.
Das Universitätsklinikum Regensburg (UKR) versorgt als jüngstes Universitätsklinikum Deutschlands jährlich etwa 35.000 Patienten stationär sowie ca. 142.000 ambulant. Hierfür hält das UKR 839 Betten und 52 tagesklinische Behandlungsplätze bereit (von insgesamt 1.087 universitär betriebenen Betten der Fakultät für Medizin der Universität Regensburg). In 28 human- und zahnmedizinischen Kliniken, Polikliniken, Instituten und Abteilungen beschäftigt das Universitätsklinikum Regensburg mehr als 4.600 Mitarbeiter.
Ausgerichtet ist das Universitätsklinikum Regensburg auf Hochleistungsmedizin, insbesondere in den Gebieten der Transplantations- und Intensivmedizin sowie onkologischer und kardiovaskulärer Erkrankungen. Bei der durchschnittlichen Fallschwere („Case-Mix-Index“) liegt das UKR an der Spitze der deutschen Universitätsklinika. Neben der Patientenversorgung der höchsten Versorgungsstufe ist das UKR gemeinsam mit der Fakultät für Medizin der Universität Regensburg für die Ausbildung von rund 2.000 Studierenden (Human- und Zahnmedizin) sowie für die medizinische Forschung verantwortlich. Gemeinsames Ziel aller Mitarbeiter sind die optimale medizinische und pflegerische Versorgung der Patienten sowie ein wertschätzendes Miteinander im Team.
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