Die Hyperthermie als wirksame Erweiterung der Krebstherapie

Die Hyperthermie (HT), die Überwärmung der Tumorzellen, ist eine wirksame Erweiterung der Krebstherapie und wurde schon vor knapp 100 Jahren wissenschaftlich beschrieben. Die Behandlungsergebnisse von Chemo- und Strahlentherapien lassen sich erheblich erhöhen. Das kann zu lang anhaltenden Remissionen führen und zur Heilung beitragen.

Zunehmend wird die Hyperthermie nicht nur in vielen privaten Kliniken, sondern auch in Tumorzentren und Krankenhäusern eingesetzt. Unter www.hyperthermie.org findet sich ein Verzeichnis von Hyperthermiezentren und aktuell durchgeführten Studien.

Seit langem ist bekannt, dass Tumorgewebe besonders hitzeempfindlich ist. Im Temperaturbereich von 40° bis 42°C wird die Zellmembran geschädigt. Bei Tumoren, die schlecht mit Blut versorgt werden, können auch schon niedrigere Temperaturen zellschädigend sein. An den Zellwänden kommt es zu Veränderungen durch Hitzeschockproteine, so dass die Krebszellen vom Abwehrsystem besser zu erkennen und zu bekämpfen sind.

Die Krebszellen reagieren unter HT auch sehr viel empfindlicher auf Zytostatika oder Strahlen. Die Wirksamkeit kann durch die Kombination dieser Therapien verstärkt werden. Gesunde Körperzellen werden bei diesen Temperaturen nicht geschädigt.

Für die Überwärmung werden Mikrowellen, Radiowellen, Ultraschallwellen oder Infrarotstrahlen eingesetzt. Um die notwendige Temperatur zu erreichen, sind verschiedene, technisch aufwändige Verfahren entwickelt worden. Eine optimale Wirkung auf Tumorzellen wird bei Temperaturen zwischen 41,5° bis 42°C erreicht, der so genannten „extremen Hyperthermie“.

Ganzkörper-Hyperthermie (GHT)

Diese Behandlung wird angewandt, wenn das Krebsleiden generalisiert ist, also Metastasen an mehr als einer Stelle des Körpers vorliegen oder vermutet werden. Sie ist jedoch auch bei regional begrenztem Tumorgeschehen möglich. Der ganze Körper wird überwärmt. Damit können im Organismus Kerntemperaturen von 41,5° bis etwa 42°C erreicht werden.

Die GHT erfolgt auf unterschiedliche Weise. Einige Kliniken überwärmen den Patienten in Wärmeröhren mit hoher Luftfeuchtigkeit. Bei anderen Verfahren wird der Patient auf einer offenen Netzliege durch wassergefilterte Infrarot-Strahler erwärmt. Die Therapiephase bei der extremen Hyperthermie soll 45 bis 60 Minuten dauern.

Während der Behandlung wird der Patient durch milde Narkotika sediert. Die Anwärm- und die Abkühlungsphase dauert jeweils ein bis zwei Stunden.

Weniger aufwändig ist die GHT in einem ringsum mit Aluminiumfolien isolierten „Wärmebett“, wie sie in einigen Kliniken oder ambulant in Praxen angewandt wird. In dieser Form wird sie meist an Stelle oder zur Unterstützung einer Fiebertherapie durchgeführt, mit Erwärmungen auf 39° bis 40°C, als „moderate Hyperthermie“.

Die erhöhte Temperatur soll über vier bis sechs Stunden eingehalten werden. Damit wird eine Mobilisierung der Abwehrkräfte angestrebt, die Wirksamkeit einer Chemotherapie kann erhöht werden. Die Kreislaufbelastung ist bei der „moderaten Hyperthermie“ geringer.

Regionale Tiefen-Hyperthermie (RHT)

Bei örtlich begrenzten Tumorleiden bringt die regionale Tiefen-Hyperthermie (RHT) deutliche Vorteile. Der Patient wird weniger belastet und am Tumor können leichter die wirksamen Temperaturen erreicht werden. Bei diesem Verfahren wird nur der Tumorbereich gezielt überwärmt. Es werden äußerlich Plattenelektroden angelegt, oder die Strahler sind in einem Ring angeordnet, in den der Patient hineingeschoben wird. Es sind im Tumor Temperaturen um 42°C erreichbar.

Perfusions-Hyperthermie (IPHT)

Für die Behandlung von Metastasen in Hohlräumen wie dem Bauchraum oder der Blase wurde die intraperitoneale Perfusions-Hyperthermie (IPHT) entwickelt. Der Unterleib wird mit einer 43°C heißen Lösung durchspült, der Zytostatika beigegeben werden. Diffus zwischen Becken und Zwerchfell verstreut liegende Metastasen können so erfasst und behandelt werden.

Die Behandlung kann bei einem Tumorbefall im Bauchraum, z. B. nach Erkrankungen des Darms, der Bauchspeicheldrüse oder der Unterleibsorgane, bei Aszites (tumorösen Wasseransammlungen) oder bei Blasentumoren hilfreich sein.

Prostata-Hyperthermie (PHT)

Bei gutartigen und bösartigen Wucherungen der Vorsteherdrüse kann die gezielte Überwärmung der Prostata durchgeführt werden. Ein Katheter wird so in die Harnröhre eingeschoben, dass ein Hitzestrahler direkt in der Prostata zu liegen kommt. Da die erforderlichen Hitzegrade in den Randzonen der Drüse nicht immer erreichbar sind, eignet sich die PHT mehr als Begleittherapie zur Tumorverkleinerung oder zur Linderung von Beschwerden, z. B. bei Alterskrebs.

Oberflächen-Hyperthermie (OHT)

Eine Oberflächen-Hyperthermie mit Infrarot-Strahlern ist bei Geschwülsten möglich, die in der Haut oder dicht darunter liegen, z.B. bei befallenen Lymphknoten, bei Hautmetastasen, Melanomen oder Rezidiven im Operationsbereich (Brustkrebs).

Thermoablation von Metastasen (RFA, LITT)

Eine Sonderform der HT ist die Verschmorung des Tumors durch Laser (LITT) oder Radiofrequenzen (RFA). Über eine in die Metastase eingeführte Sonde wird das Tumorgewebe auf 80° bis 100° C erhitzt und damit abgetötet. Bis zu fünf einzelne und bis 5 cm große Lebermetastasen (aber auch Lungenmetastasen) können so erfolgreich behandelt werden. (GfBK-Info „Leberkrebs“ und GfBKInfon „Lungenkrebs§)

Wirksamkeit und Behandlung

Durch eine HT alleine werden nicht alle Tumorzellen so geschädigt, dass sie absterben. Um das zu erreichen, werden ergänzende Therapien eingesetzt. Dabei wird die HT mit einer Chemo-, einer Strahlen- und/oder einer Immuntherapie kombiniert. Eine zusätzliche Chemooder Strahlentherapie kann eventuell mit kleinerer Dosis erfolgen und verstärkt die Wirkung der Hyperthermie.

Außerdem gibt es Hinweise, dass Quercetin (ein Pflanzenstoff aus Äpfeln oder Zwiebeln) die Empfindlichkeit einer Hyperthermiebehandlung erhöht. Hierbei werden Dosierungen von etwa 1,5g täglich eingesetzt (z.B. Quercetin Mecoline oder Querciplex).

Ein Problem der HT ist die unterschiedliche Wärmeaufnahme der Gewebe. Es kann vorkommen, dass nicht alle Teile der Geschwulst hoch genug erwärmt werden. Das kann den Erfolg mindern. Bisher konnte man die Wärmeentwicklung nur mithilfe von Sonden, die in den Tumor eingebracht wurden, überprüfen. Weniger belastend für den Patienten ist es, die Wärmeentwicklung während der Therapie mittels Kernspin zu überwachen. Dieses zur Therapieoptimierung eingesetzte Verfahren (sog. „Hybrid-Hyperthermie“) wird allerdings nur von wenigen Kliniken angewandt.

Bei einer speziellen Form der GHT, der von Prof. von Ardenne entwickelten systemischen Krebs-Mehrschritt-Therapie (sKMT), werden – zeitlich mit der Überwärmung abgestimmt – neben Zytostatika auch Zuckerlösungen verabreicht, um die Wärmeempfindlichkeit der Tumorzelle zu erhöhen. Eine zusätzliche Sauerstoffgabe soll das gesunde Gewebe schützen.

Die bisherigen Studien wurden meist mit extremer HT (über 41,5°C) in Kombination mit Chemo- oder Strahlentherapie durchgeführt. Bei einer GHT im „moderaten“ Temperaturbereich (39° bis 40,5°C) als Fiebertherapie liegen gute Erfahrungen, aber noch keine durch Studien gesicherten Ergebnisse vor. Je nach Krebsart und Krankheitsstadium muss die Behandlung mehrmals wiederholt werden.

Die Ansprechrate ist hoch. Bei der extremen GHT kann – in Kombination mit anderen Therapien – bei bis zu 60% der Patienten eine Teil- oder Vollremission erreicht werden. Bei der RHT sind die Ergebnisse oft besser.

Gravierende Nebenwirkungen treten bei sachgerechter Durchführung nicht auf. Die Temperaturerhöhung im ganzen Körper bei der GHT führt zu einer starken Belastung von Herz und Kreislauf, der ständig überwacht werden muss. Für ältere oder geschwächte Patienten kann die Belastung zu groß sein.

Anwendungsbereiche

Die GHT ist aussichtsreich bei generalisierten Tumorleiden, wenn Metastasen im Körper verstreut vorliegen, die lokal kaum oder gar nicht erwärmt werden können. Sie ist aber auch anwendbar bei lokal begrenzten Rückfällen zur Immunstärkung.

Die RHT kann bei lokal begrenzten Erkrankungen sehr erfolgreich sein. Vorwiegend sind das Metastasen, die auf ein Organ oder einen kleinen Körperbereich beschränkt sind. Gute Ergebnisse liegen vor bei der Behandlung von Sarkomen, Tumoren am Enddarm, bei regional metastasiertem Gebärmutter- oder Eierstockkrebs, bei Melanomen sowie bei Leberkrebs bzw. Lebermetastasen. In Einzelfällen lassen sich Vollremissionen, also vollständige Tumorrückbildungen, erreichen.

Eingesetzt wird die RHT auch bei Brustkrebs-Metastase, bei Tumoren im Rachen- und Halsbereich, bei Blasenkrebs oder Krebs der Bauchspeicheldrüse, ebenso bei der Behandlung von Tumoren der Lunge, des Gehirns oder von Knochenmetastasen.

Versucht wird die moderate GHT von einigen Therapeuten auch bei niedrig-malignen Non-Hodgkin-Lymphomen, als verstärkte Fiebertherapie. Die HT kann eine mögliche Operation allerdings nicht ersetzen.

Kostenerstattung

Im Januar 2005 hat der Gemeinsame Bundesausschuss zur Bewertung neuer Heilmethoden beschlossen, die Hyperthermie nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen aufzunehmen. Die Behandlungsmethode wurde den nicht anerkannten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zugewiesen und kann damit nicht als Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. Ebenfalls nicht erstattungsfähig ist die Prostata-Hyperthermie.

Bei der stationären Behandlung in Kliniken, die Versorgungsverträge haben, sind die Kosten meist mit im Abrechnungsbetrag enthalten. Klären Sie auf jeden Fall vor Beginn der Behandlung die Kostenübernahme ab.

Weitere Informationen finden Sie im GfBK-Info „Kostenerstattung Hyperthermie“.

Die Kosten pro Anwendung:

  • Oberflächen-Hyperthermie: ca. EUR 60,- bis EUR 80,-,
  • Regionale Hyperthermie: ca. EUR 130,- bis EUR 300,-,
  • moderate Ganzkörper-Hyperthermie: ca. EUR 190,- bis EUR 300,-,
  • extreme Ganzkörper-Hyperthermie: ab EUR 3.500,-,
  • sKMT = ab EUR 6.500,-,
  • Prostata-Hyperthermie: ca. EUR 2.500,- bis EUR 3.500,-.
Behandlungsmöglichkeiten

Die Hyperthermie wird in immer mehr Tumorzentren und Krankenhäusern durchgeführt, meist als RHT. Hyperthermiezentren sind:

  • Berlin, Klinik für Strahlentherapie, Prof. Budach, Tel. 030 450557073,
  • Düsseldorf, Uni-Kinderklinik, Dr. Wessalowski, Tel. 0211 8117662,
  • Freiburg, Dr. Bruggmoser, Tel. 0761 2709479,
  • Mannheim, Uniklinik, M. Ehmann, Tel. 0621 3833530,
  • München, Klinikum Großhadern, Prof. Issels, Tel. 089 70954768,
  • München, Klinikum Innenstadt, Prof. Sommer, Tel. 089 51604111,
  • Nürnberg, Klinikum Nord, Prof. Renner, Tel. 0911 933560,
  • Tübingen, Uniklinik, Prof. Bamberg, Tel. 07071 2982165.

Weitere Adressen unter: www.hyperthermie.org/hyperthermiezentren/.

Zeichenerklärung:
GHT = Ganzkörper-Hyperthermie,
sKMT = Ganzkörper-Hyperthermie nach Prof. Ardenne,
RHT = Regionale Hyperthermie,
OHT = Oberflächen-Hyperthermie,
IPHT = Bauchraum-, Blasen-Hyperthermie,
PHT = Prostata-Hyperthermie,
Im = Immunmodulation,
F = Fiebertherapie,
Ch = Chemotherapie.

Diese Information wurde von der Gesellschaft für Biologischen Krebsabwehr e. V. (www.biokrebs.de) erstellt.

Quellenangabe:
Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr e.V.
Voßstr. 3, 69115 Heidelberg
Tel.: 06221 138020
Fax: 06221 1380220
information (at) biokrebs.de

Verantwortlich für den Inhalt: Dr. György Irmey

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