Nachlassendes Hörvermögen früh erkennen und gegensteuern
Mit zunehmendem Alter baut der menschliche Körper in jeder Hinsicht ab. Die besten Beispiele sind ein Sehkraft- oder beginnender Hörverlust.
Doch während beispielsweise nachlassende Sehkraft und die damit verbundene Anschaffung einer Brille als völlig normal betrachtet wird, tun sich viele Menschen schwer damit, das nachlassende Gehör zu akzeptieren.
Dabei bildet es die wichtigste Brücke zu anderen Menschen.
Natürlicher Hörverlust beginnt mit etwa 50 Jahren
Der Verlust des normalen Hörvermögens setzt so schleichend ein, dass die meisten Menschen es zunächst nicht bemerken.
Erstes Anzeichen ist oft, dass die Musik und der Fernseher etwas lauter gestellt werden als früher.
Das menschliche Gehirn ist jedoch sehr anpassungsfähig: Werden im persönlichen Gespräch mit anderen einige Wortfetzen nicht verstanden, kann es sich aus dem Rest meist den Gesprächsinhalt zusammenreimen.
Erst, wenn die Zahl der fehlenden Wörter überhandnimmt, stellen Betroffene fest, dass sie eigentlich gar nicht wissen, wovon ihr Gegenüber spricht.
Zu diesem Zeitpunkt haben Freunde und Verwandte oft schon bemerkt, dass der Betroffene sie nicht mehr richtig versteht oder falsche Antworten auf Fragen gibt.
Leider schweigen sie oft, weil sie den Betroffenen nicht verletzen wollen. Dabei wäre es sinnvoll, ihn frühzeitig auf den Hörverlust aufmerksam zu machen.
Je früher er kompensiert wird, umso weniger Einschränkungen muss der Betroffene schließlich hinnehmen.
Stattdessen setzt sich oft eine negative Spirale in Gang, die mit dem Rückzug ins Private endet.
Erst werden z. B. Kino- und Theaterbesuche vermieden, weil das Gesprochene nicht mehr richtig verstanden wird, später auch private Treffen mit Freunden.
So droht durch den unbehandelten Hörverlust irgendwann die Isolation.
Hörgeräte kompensieren den Hörverlust
Während Brillen grundsätzlich hohe Akzeptanz genießen, tun sich viele noch immer schwer mit dem Tragen eines Hörgerätes.
Gerade in der älteren Generation herrscht noch immer ein fragwürdiges Bild vor, das akustisches Nichtverstehen (verbunden mit der Frage „Wie bitte?“) mit Begriffsstutzigkeit oder Dummheit gleichsetzt.
Das Hörgerät wird lieber diskret unter der Frisur versteckt, als offen sichtbar getragen um andere auf die bestehende Hörbehinderung aufmerksam zu machen (und damit auch Rücksicht einzufordern).
Auch die Nachfrage nach unsichtbaren In-Ohr-Geräten ist weit höher als die nach leistungsstärkeren Hinter-dem-Ohr-Geräten.
Je mehr Menschen jedoch selbstbewusst mit ihrer Hörbehinderung umgehen, umso mehr wird die gesellschaftliche Aufmerksamkeit dafür gestärkt und den Betroffenen mehr Verständnis und Hilfe entgegengebracht.
Moderne Hörsysteme können dabei weit mehr, als lediglich die Lautstärke der Umgebung „hochdrehen“.
So sind heute verschiedene Einstellungen selbstverständlich, mit denen das Hörgerät auf spezielle Situationen angepasst werden kann, z. B. bei klassischen Konzerten und Opern.
Viele Geräte verbinden sich kabellos mit dem Fernseher, der Stereoanlage und/oder dem Smartphone und übertragen die Stimmen so direkt ins Ohr.
Wie groß das Spektrum heutzutage ist, verdeutlicht dieser Artikel über die Modelle von Widex.
Der erste Schritt zum Hörgerät ist der Hörtest
Jeder Hörgeräteakustiker bietet kostenlose Hörtests an.
Dabei handelt es sich um einfache Hörtests, mit denen grundsätzlich geprüft werden kann, ob ein Hörverlust vorliegt.
Jeder, der von sich selbst glaubt, dass das Hörvermögen nachgelassen hat, oder der von Freunden darauf aufmerksam gemacht wird, sollte sich einem solchen Hörtest unterziehen.
Der Hörgeräteakustiker spielt dabei über Kopfhörer Töne in unterschiedlicher Lautstärke und in unterschiedlichen Frequenzen vor.
So kann er sich ein Bild davon machen, ab welcher Lautstärke und in welchen Frequenzen der Betroffene unterdurchschnittlich hört.
Liegt ein Hörverlust vor, kann er dem Betroffenen einen Besuch beim Hals-Nasen-Ohren-Arzt nahe legen, der die Ohren einer gründlicheren Prüfung unterzieht. Dies wird von der Krankenkasse bezahlt.
Der HNO-Arzt wird dann bei Bedarf die Verordnung für ein Hörgerät (einseitig oder beidseitig) ausstellen, mit der der Betroffene wiederum zum Hörgeräteakustiker geht.
Dieser wird dann das Hörgerät individuell anpassen. Großer Vorteil dabei im Gegensatz zur Brille: Die Einstellungen am Hörgerät können immer wieder geändert werden, z. B. wenn der Hörverlust weiter fortschreitet und das Gerät „lauter“ gestellt werden muss.
Was trägt die Krankenkasse bei?
Theoretisch ist es möglich, ein Hörgerät zum Nulltarif zu erhalten. Die Krankenkassen zahlen einen Festbetrag von 784,94 Euro für das erste Hörgerät (aktueller Stand 2018).
Dies reicht jedoch nur für ein ganz einfaches Gerät.
Für höherwertige Geräte und bei umfangreicheren Hörproblemen muss der Rest aus eigener Tasche hinzugezahlt werden.
Alle sechs Jahre haben Betroffene übrigens Recht auf ein neues Hörgerät, da die technische Entwicklung stets voranschreitet und jede neue Generation Hörgeräte zusätzlichen Komfort bietet.
Der Gewinn an Lebensqualität durch die Rückkehr des guten Hörens ist dagegen unbezahlbar.
Es lohnt sich also unbedingt, schon beim Verdacht auf fortschreitenden Hörverlust das eigene Gehör überprüfen zu lassen.
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